Wie würden Sie die tiefgreifende Aussage Jesu, Mein Reich ist nicht von dieser Welt, interpretieren? Diese Worte, gesprochen im Angesicht des Todes, markieren einen radikalen Bruch mit irdischen Machtstrukturen und eröffnen ein Verständnis von Herrschaft, das über das Fassbare hinausgeht.
Das Verständnis dieser Aussage ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis der christlichen Theologie. Es geht nicht nur um die räumliche Abgrenzung, sondern um eine grundlegende Unterscheidung zwischen den Werten und Zielen des Reiches Gottes und denen der weltlichen Mächte. Jesu Reich, wie er es darstellt, ist nicht durch Waffen, politische Intrigen oder materielle Reichtümer gekennzeichnet. Vielmehr manifestiert es sich in Liebe, Gerechtigkeit, Vergebung und der Hoffnung auf ewiges Leben. Diese Unterscheidung wirft essentielle Fragen auf: Wie verhalten sich Gläubige in einer Welt, die oft von Konflikten und Ungerechtigkeit geprägt ist? Welche Rolle spielt das Evangelium in diesem Kontext? Und wie kann die Botschaft Jesu in der heutigen Zeit relevant sein?
Um die Hintergründe und die tiefe Bedeutung dieser zentralen Aussage Jesu besser zu verstehen, werfen wir einen Blick auf die Bibel und die verschiedenen Interpretationen.
Ein zentraler Text für das Verständnis dieser Thematik ist die Verkündigung Jesu in Johannes 18,36, wo er vor Pontius Pilatus sagt: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Diese Aussage ist ein entscheidender Punkt. Sie trennt die weltlichen Mächte irdischer Reiche von der göttlichen Autorität des Reiches Gottes. Sie offenbart die Natur von Jesu Königreich und die Art der Macht, die er repräsentiert.
Die Apostel, insbesondere Paulus, griffen dieses Konzept auf und erinnerten die Gläubigen immer wieder an diese Unterscheidung. In seinen Briefen betont er, dass das Reich Gottes nicht in Essen und Trinken, sondern in Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist besteht (Römer 14,17). Dies unterstreicht die geistliche Dimension des Reiches und seine Relevanz für das tägliche Leben der Gläubigen.
Die Predigten und Auslegungen zu Johannes 18,36 bieten eine Vielzahl von Einblicken. Sie untersuchen die Unterschiede zwischen dem weltlichen und dem geistlichen Reich, die Rolle des Evangeliums und die Bedeutung des Glaubens. Die Auslegungen beleuchten die Auswirkungen dieser Worte auf das Leben der Gläubigen und ihre Beziehung zur Welt.
Ein Blick in die Lutherbibel 2017 (Joh 18,36) zeigt, wie Jesus seine königliche Würde bekräftigt, aber gleichzeitig betont, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist. Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, dass ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von hier.
In Johannes 18,36 zeigt sich das Wesen von Jesu Königreich. Es ist ein Reich, das nicht durch militärische Macht oder politische Intrigen gekennzeichnet ist, sondern durch Liebe, Vergebung und die Bereitschaft, selbst für seine Feinde zu sterben. Diese Aussage steht im krassen Gegensatz zu den Erwartungen der damaligen Zeit, in der ein Messias als politischer Führer erwartet wurde, der Israel von der römischen Besatzung befreien würde.
Die Interpretation des Vaterunser (Matthäus 6,9-13) wirft ebenfalls interessante Fragen auf. Die Bitte Dein Reich komme drückt das Verlangen nach dem Erscheinen des Reiches Gottes auf Erden aus. Dieses Reich ist nicht von dieser Welt, aber es soll in ihr Gestalt annehmen und durch die Gläubigen sichtbar werden. Wie kann dies geschehen? Durch die Nachfolge Jesu, durch ein Leben in Liebe und Dienst am Nächsten, durch die Verbreitung der Frohen Botschaft vom Reich Gottes.
In diesem Zusammenhang wird das Konzept des Königreichs Gottes in der Bibel häufig verwendet. Es beschreibt die Herrschaft Gottes über sein Volk und die ganze Schöpfung. Das Reich Gottes ist ein Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude im Heiligen Geist. Es ist ein Reich, das in der Gegenwart bereits begonnen hat, aber in seiner Fülle erst in der Zukunft vollendet wird.
Die Aussage Jesu über sein Reich ist nicht nur eine theologische Aussage, sondern auch eine Herausforderung an die Gläubigen. Sie fordert uns auf, unsere Werte zu hinterfragen und unsere Prioritäten zu überdenken. Sie ermutigt uns, in der Welt zu leben, aber nicht von ihr vereinnahmt zu werden. Sie fordert uns auf, Zeugen Jesu Christi zu sein und die Frohe Botschaft vom Reich Gottes zu verkünden.
Das Evangelium nach Matthäus deutet auf eine andere Art von Herrschaft hin, die in der Welt wirkt. Es ist eine Herrschaft, die durch Liebe, Vergebung und Dienst gekennzeichnet ist. Jesus selbst verkörpert diese Herrschaft und ruft seine Nachfolger dazu auf, ihm nachzufolgen.
Das Verständnis von Johannes 18,36 ist von entscheidender Bedeutung für das Verständnis des Christentums. Es wirft wichtige Fragen über die Natur von Macht, Autorität und Loyalität auf. Es fordert uns auf, unsere Werte zu überdenken und unsere Prioritäten zu überdenken. Es ermutigt uns, in der Welt zu leben, aber nicht von ihr vereinnahmt zu werden. Es lädt uns ein, uns aktiv in die Verbreitung des Evangeliums vom Reich Gottes einzubringen.
Die Aussage Mein Reich ist nicht von dieser Welt ist nicht nur eine Erklärung, sondern auch eine Einladung. Eine Einladung, die Welt mit anderen Augen zu sehen, die Werte des Reiches Gottes anzunehmen und das eigene Leben danach auszurichten. Es ist eine Einladung, Teil einer Bewegung zu werden, die die Welt verändern kann.
Die Frage nach dem Nicht von dieser Welt ist eine fortwährende Aufgabe für Christen. Es geht darum, die Spannung zwischen dem Leben in der Welt und der Zugehörigkeit zum Reich Gottes zu meistern. Es geht darum, die Herausforderungen der Welt anzunehmen und gleichzeitig an den Werten des Reiches Gottes festzuhalten. Es geht darum, Zeugen Jesu Christi zu sein und die Hoffnung auf das Reich Gottes zu verkünden.
Im Lichte dieser Erkenntnisse wird deutlich, dass Jesu Worte aus Johannes 18,36 keine einfache Abweisung irdischer Realitäten sind, sondern eine radikale Neudefinition von Macht und Herrschaft. Sie fordern uns heraus, unsere Loyalität neu zu bewerten und unseren Blick auf die ewigen Werte des Reiches Gottes zu richten. Sie erinnern uns daran, dass unser wahres Zuhause nicht in dieser Welt liegt, sondern in der Hoffnung auf ein Reich, das von Gerechtigkeit, Frieden und Liebe geprägt ist.




